Thomas Höhne
Bis vor kurzem war es ja so, dass sowohl das Gesetz wie die Statuten der meisten Vereine vom Normalfall einer physischen Generalversammlung ausgingen; eine Beschlussfassung im Umlauf oder sonstige Alternativen zu einer physischen Zusammenkunft waren zwar nicht ausgeschlossen, bedurften aber einer expliziten Regelung in den Statuten - und um die Möglichkeit virtueller Zusammenkünfte einzubauen, musste man zuerst (natürlich nach den alten Regeln!) eine Generalversammlung durchführen, um dort eine Statutenänderung zu beschließen. Hier nun springt das jüngste COVID-19-Gesetz ein, das (ua)
Vereinen die Möglichkeit zu virtuellen Mitgliederversammlungen eröffnet. Gemäß § 1 des Gesellschaftsrechtlichen COVID-19-Gesetz (abgekürzt: COVID-19-GesG) gilt, dass
Versammlungen von Vereinen auch ohne physische Anwesenheit der Teilnehmer durchgeführt werden können.
Das heißt, dass Vereine bis Ende 2020 gar keine Statutenbestimmung brauchen, die eine virtuelle Generalversammlung erlauben würde – das hat jetzt das COVID-19-GesG übernommen. Das Gesetz tritt allerdings mit 31.12.2020 außer Kraft und ab dann braucht man,will man auch in Zukunft virtuelle Generalversammlungen durchführen, sehr wohl eine solche Statutenbestimmung.
Das Gesetz gilt natürlich nicht nur für Vereine sondern auch für
Versammlungen von Gesellschaftern und Organmitgliedern von Kapital- und Personengesellschaften, Genossenschaften und Privatstiftungen. (Auf die gemeinnützigen Privatstiftungen nach dem Bundesstiftungs- und Fondsgesetz wurde vergessen, aber diese Lücke schließen wir elegant mit Analogie.)
Diese Sonderregelung gilt für die Versammlungen aller Organe einer juristischen Person, also nicht nur für Mitgliederversammlungen, sondern beispielsweise auch für das
Leitungsorgan (den Vorstand). Manche Vereine oder Gesellschaften hatten auch schon vorher für ihren Vorstand oder ihre Geschäftsführung die Möglichkeit der Beschlussfassung im Umlauf – das können jetzt alle. Aber Vorsicht: die Prinzipien bleiben dieselben. Es bedarf einer Einladung, die alle Tagesordnungspunkte enthält, es können nur zu diesen Tagesordnungspunkten Beschlüsse gefasst werden, es müssen alle die Möglichkeit haben teilzunehmen, und vorläufig ist davon auszugehen, dass zwischen Einladung und virtueller Versammlung – aber da warten wir noch auf die Details der Verordnung des Justizministeriums –die in der Satzung vorgesehene Frist eingehalten wird. Wichtig ist, dass das „virtuelle“ Instrument, dessen sich der Verein nun bedient, mit einer physischen Versammlung der Mitglieder des jeweiligen Organs (Generalversammlung, Vorstand) gleichwertig ist – und das heißt in erster Linie: Dass gesichert ist, dass alle Stimm- bzw. Teilnahmeberechtigten auch tatsächlich teilnehmen können. Und das ist bei Internet-basierten Kommunikationsinstrumenten ja nicht immer und überall gegeben! Sobald die Verordnung vorliegt, melden wir uns mit mehr Details.